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Equalizing

Equalizing ist eine Kunst für sich. Man kann nur schwer eine Anleitung dafür schreiben, denn Text kann man nicht hören. Es braucht Übung, um eine Vorstellung vom Klangergebnis zu haben, wenn man nur liest: "Hebe die Mitten bei 2kHz um 3dB an."

Wie kann man sowas üben?
Das geht am besten mit einem parametrischen Equalizer - also mit einem, bei dem ich mit einem Regler die beeinflußte Frequenz einstelle und mit einem weiteren die Verstärkung oder Dämpfung derselben. Bis hierher ist sowas nur ein halbparametrischer EQ. Ein vollparametrischer EQ hat zusätzlich noch einen Regler, mit dem ich den Q-Faktor, das ist die Breite des beeinflußten Frequenzbandes, einstellen kann. In kleinen Mischpulten findet man oft einen dreibandigen EQ mit shelving-Filtern (das sind Filter, die alle Frequenzen ober- oder unterhalb einer Grenzfrequenz beeinflussen) für die Bässe und Höhen und einem halbparametrischen Mitten-EQ. Vollparametrischen EQs begegnet man in großen Konsolen oder als Stand-Alone-Geräten.

Zum Üben stellt man sich einen festen Gain-Wert ein - z.B. +6dB. Dann fährt man mit dem Frequenz-Poti durch den Frequenzbereich des EQs. Langsam! Behalte dabei das Poti im Auge und versuche, Dir einzuprägen, welche Frequenzbereiche den Sound wie verändern. Versuche, Vokabeln mit dem gehörten zu verbinden, so wie: "das wird jetzt dumpf", oder "das gibt mehr Biß", "das sägt", "das klingt hohl" etc. Mache das gleiche Spiel auch mit einer Frequenzabsenkung. Wenn man sich sowas mal ein paar mal eingeprägt hat, findet man später mit einem parametrischen EQ viel schneller den kritischen Bereich, bei dem noch etwas gefehlt hat oder zuviel war, als mit einem graphischen EQ.

Das folgende ist Philosophie:
Von einigen Leuten (auch von mir) wird die Meinung vertreten, daß man einen EQ möglichst subtraktiv benutzen sollte. Das heißt, man verwendet ihn größtenteils zum Absenken von Frequenzen und nur wenig zum Anheben. Warum dies? Es ist besser, wenn man dem Eingangssignal etwas wegnimmt, von dem es zuviel hat, als wenn man versucht, etwas hervorzuzaubern, was im Signal gar nicht oder nur kaum vorhanden ist.

Einige Equalizing-Tips für Gitarre

Oft lohnt es sich, den Baßbereich bei Gitarrenspuren zu dämpfen. Wenn man unterhalb von 100-150Hz reduziert, kann das den "Matschanteil" im Klangbild stark reduzieren. Für Live ist viel Baß im Gitarrensound eine feine Sache, auf Aufnahmen sollte der Baß aber vom Instrument gleichen Namens kommen.

Um einem Track mehr "Präsenz" zu geben, ihn quasi "weiter nach vorne" zu bringen, so daß er sich besser durchsetzt, kann man die Mitten anheben (oder Baß und Höhen absenken). Zwischen 1kHz und 6kHz findest Du einige "kritische Frequenzen", deren Lage vom allgemeinen Charakter Deines Gitarrensounds abhängt.

Bei cleanen Gitarren kann man gut Höhen von 10kHz an aufwärts anheben. Dies sorgt für Brillanz und "shine". Bei verzerrten Gitarren mag ich sowas nicht.

Wenn Du mehrere Gitarrenspuren zu versorgen hast, versuche sie so abzumischen, daß sie sich ergänzen: es ist nicht zu empfehlen, bei allen Spuren die gleichen Frequenzen zu boosten oder zu cutten. Wenn ein Track besonders kräftig in einem bestimmten Frequenzband "drückt", nimm ihm dies nicht (es sei denn, es klingt unangenehm), sondern gib ihm Raum, indem Du dieses Band bei anderen Spuren etwas zurücknimmst.

Ziehe mehrere Gitarrenspuren im Panorama auseinander. Dies setzt sie besser voneinander ab, und außerdem: wozu haben wir schließlich Stereo, oder?

Nimm Rücksicht auf die anderen Instrumente im Mix!

Benutze Deine Ohren! Verlaß Dich nicht auf Freqenzganganalysatoren (so nützlich sie auch sein mögen) oder andere "optische Krücken". Schließlich willst Du Musik nicht sehen, sondern hören!

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